Mit SPIEGEL Cover Boris Becker geht die Serie in eine neue Runde.
So wird Boris Becker in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL dargestellt. Wie aber präsentierte DER SPIEGEL ihn in früheren Ausgaben seit 1970?
Boris ist immer noch der erfolgreichste männliche deutsche Tennisspieler aller Zeiten.
In seiner Karriere sammelte er fast 50 Turniersiege ein. Ein halbes Dutzend davon waren Siege bei Grandslam-Turnieren. Man sollte meinen, der Schwerpunkt der SPIEGEL Cover Boris Becker würde also auf diesem Kapitel liegen.
Weit gefehlt.
Während seiner aktiven Zeit beschäftigten sich nur 4 Ausgaben mit Boris Becker. Und bei keiner von ihnen schaffte er es über ein bildloses Titelband hinaus.
37/1985 John McEnroe über Boris Becker
Das Fazit lautete: Was für ein Wunderkind! Aber wenn Becker sich weiterhin auf dem Platz so hin und her wirft wie ein Torwart, wird der ziemlich schnell verschleißen. Wie sich im Verlauf des Beitrags noch zeigen wird, lag McEnroe in dem Punkt halb richtig, halb falsch.
5/1986 Ivan Lendl: Oh Gott, jetzt fängt er an zu weinen
Ivan Lendl, emotional vielleicht aus härterem Holz als Boris Becker geschnitzt, zog folgendes Resümee: Was für ein Wunderkind! Wäre allerdings schön, wenn er sich auf dem Court auch mal wie ein Mann verhalten würde.
23/1988 Boris Becker über seine Niederlagen
Boris Becker hat zu Niederlagen eine pragmatische Einstellung. Tja, mal verliert man, mal gewinnt man. Wirklich erstaunlich in diesem Interview aus dem Jahr 1988 ist allerdings etwas anderes: DER SPIEGEL legte, vermutlich ohne es zu wissen, den Finger in eine spätere Wunde:
Boris Becker lebe ja zur Zeit in Monaco. Ob es ihn nicht reizen würde, eine Wohnung in Deutschland zu haben. Sagen wir in Hamburg? Oder vielleicht München?
9/1999 Boris Becker: Im Sommer ist Schluss mit Tennis
Ein Mann, ein Wort. Tatsächlich legte Becker den Tennisschläger Ende Juni 1999 in die Ecke. Er verbrachte damit mehr als anderthalb Jahrzehnte auf der Tour. Lag John McEnroe also falsch, als er bei Becker vorzeitigen Verschleiß befürchtete?
2/1997 Tennis ist Pokern – Boris Becker über Sporthelden und Steuerfahnder
1991, 3 Jahre nach der Frage des SPIEGEL, ließ sie sich Boris Becker noch einmal durch den Kopf gehen…
Warum nicht in einer kleinen Wohnung in München leben? Man lebt in der Heimat. Und zahlt Steuern in Monaco. Besser geht es doch nicht.
Ja! Besser geht’s nicht!
Vorausgesetzt, man wird nicht erwischt…
9/1997 Jagd auf Boris Becker – Finanzamt will Millionen
29/2002 wg. Steuerhinterziehung Anklage gegen Boris Becker
Nun, ja. die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Aber sie mahlen. Boris Becker mietete die Wohnung in München Anfang der Neunziger Jahre an. Genauer von 1991 bis 1993. Und das Landgericht München verurteilte ihn ein Jahrzehnt später. Die Strafe belief sich auf 2 Jahre auf Bewährung und 500 Tagessätze zu je 600 Euro.
2 Banditen war der überragende Film des Jahres 1969. Er etablierte Paul Newman als Superstar, brachte Robert Redford den Durchbruch und bescherte dem letzten Monat gestorbenem William Goldmann seinen ersten Oscar für ein Drehbuch.
Zum Ende des Films scheinen Newman und Redford in einer aussichtslosen Lage zu sein. Ja, sie hatten ein schönes, ein aufregendes Leben hinter sich. Aber nun kauern sie, bereits von etlichen Kugeln getroffen, in einer kleinen Lehmhütte. Raus kommen sie nur durch die Tür. Doch dahinter hat sich gefühlt die halbe bolivianische Armee verschanzt. Und die wartet nur darauf, das Feuer auf sie zu eröffnen.
Newman überredet Redford in Australien einen Neubeginn zu wagen. Alles, was sie dafür tun müssen ist, nun, ja, eben durch diese Tür zu treten. Also stürmen sie heraus.
Und es war Goldmanns geniale Idee, sobald die halbe bolivianische Armee das Feuer eröffnet, das Bild von Redford und Newman einfrieren zu lassen.
Obiges Bild ist nun der Freeze Frame von Boris Becker. 1996 lag der größte Teil seiner sportlichen Erfolge schon länger hinter Becker. 1991 hatte er das letzte Mal ein Grandslam-Turnier gewonnen. Inzwischen zwickte ihn immer öfter das Sprunggelenk. Die besten Tage schienen hinter ihm zu liegen. Doch 1996 gewann er überraschend noch mal ein Grandslam-Turnier.
Natürlich das von Australien.
Danach lief es in allem nicht mehr so gut für Becker. Er quälte sich noch 3 Jahre lang auf der Tour. Dabei verschlimmerten sich auch noch seine Hüftprobleme.
Im Nachhinein lag John McEnroe mit seiner Prophezeiung des vorzeitigen Verschleißes also doch nicht so falsch.
Boris Becker degenerierte ab der Jahrtausendwende zu einem sehr reichen Mann in einem kranken Körper. Zu einem sehr reichen Mann, der sich natürlich einer Menge finanzieller Forderungen gegenübersah. Etliche Frauen aus seiner Vergangenheit hielten die Hand auf. Natürlich auch das Finanzamt. Und zuletzt Geschäftspartner. Wie sich Becker dabei versuchte aus der Verantwortung zu stehlen hatte oft hohen Unterhaltungswert. Die Punkte machten aber meist die anderen.
DER SPIEGEL titelte deshalb auch in seiner dreiteiligen Titelleiste
34/2018 Lebenswege – Beckenbauer, Becker, Ullrich: Der Absturz nach dem Ruhm
Irgendwer in der SPIEGEL-Redaktion steht auf Blickkontakt mit Boris.
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