
Ungefähr einmal in der Woche esse ich bei Nordsee. Das lief eine ganze Weile nach dem gleichen Muster ab:
Ich bestellte bei einem schlaksigen Hektiker mein Menü. Dann eilte er gestresst hierhin und dorthin, bis er mir irgendwann das Essen in die Hand drückte. Ich bezahlte, und das war es.
Vor vier Wochen brach das Muster. Er machte immer noch den Flash, doch seinen Bewegungen fehlte das Nervöse. Er wirkte, soweit es ihm überhaupt möglich war, entspannt. Fast schien es, als glitt er.
Irgendwo in der Mitte der Abarbeitung seiner Bestellungen stellte sich ein pummeliger Farbiger neben ihn. Der Farbige hakte ein, als es nach ein paar Sekunden so schien, als bräuchte der Hektiker mal nicht 100 Prozent seiner Konzentration auf den Arbeitsablauf zu richten. „Willst du nicht langsam Feierabend machen?“
„Ich mache noch schnell die beiden Bestellungen fertig.“ Das ging auch wirklich fix. Wie ein geübter Croupier schnickte er mir 2 schwarze Karten zu. Er zog dann eine graue Jacke über und verschwand durch den Ausgang.
„Schönen Urlaub!“ rief der Farbige ihm nach.

„Was ist das?“ Ich hob die schwarzen Karten hoch. Kleingedrucktes stand auf der Rückseite. Von oben bis unten.
„Die hat er ihnen gegeben?!“ Das verblüffte den Farbigen ziemlich.
„Ja.“
„Sie haben doch nur ein Backfisch-Baguette?!“
„Ja, und?“
„Das ist unsere Rubbel-Sommer-Aktion. Da können sie sogar Autos gewinnen!“
„Okay?“
„Aber die hätte er ihnen gar nicht geben dürfen!“
„Ach?“
„Ja! So ein Los bekommen sie erst ab einem Einkaufswert von 5 Euro!“
Mein Backfischbaguette hatte 3 Euro gekostet. Strenggenommen hätte ich also nicht mal ein Rubbel-Sommer-Los bekommen dürfen.

Man wird dummerweise jedoch nicht immer von Service-Kräften bedient, die noch drei Minuten von ihrem Jahres-Urlaub entfernt sind. In den nächsten beiden Wochen entwickelte sich ein standardisierter Ablauf:
Freundlich begrüßten mich die Mitarbeiter. Ich gab meine Bestellung auf. Sie eilten hierhin und dorthin. Dann gaben sie mir das Essen. Ich gab ihnen das Geld. Freundlich lächelten sie mich an und wünschten mir einen noch einen schönen Tag. Wie man als Kunde halt behandelt wird.
Ich blieb stehen. Vielleicht hatten sie es nur vergessen?
Ein paar Sekunden lang tat sich nichts.
Schließlich fragten sie irritiert: „Ist noch was?“
„Läuft der Rubbel-Sommer noch?“
„Ach, ja. Das tut er.“ Sie griffen unter die Ladentheke und gaben mir ein Rubbel-Sommer-Los.
Die Vergabe der Lose erfolgt also völlig freihändig.
Und das beantwortet auch die Frage, wer am Ende wahrscheinlich die Hauptgewinne beim Rubbel-Sommer abräumen wird:
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