Finanzen

Die Trottel-Steuer

Ich halte mich nicht für einen Trottel.

Die meiste Zeit treffe ich richtige Entscheidungen. Selten sind sie falsch, dann aber zumindest auf einer vernünftigen Basis getroffen. Ich laufe auch nicht wie ein Trottel durch die Gegend. Der Reißverschluss ist hochgezogen, ich schiele nicht, es hängt kein Hemd aus der Hose.

 

Was für ein Trottel!    Bildquelle Pixabay Fotograf: Clker-Free-Vector-Images

Soweit zur eigenen Wahrnehmung.

Und nun schauen wir uns das Ganze mal von Außen an.

Ich machte dieses Jahr in Kemer Urlaub. Kemer ist ein idyllischer Urlaubsort an der Türkischen Riviera. Entweder blickt man auf das Meer oder aber auf das Taurus-Gebirge.

Ich entspannte auf einem ersten Spaziergang durch den Ort, was auch bitter nötig war. Mein Lendenwirbelsäulenbereich neigt zu Verspannungen, und ihm steckte der Flug nach Antalya noch in den Knochen.

Außerdem wollte ich an einer Wechselstube 50 Euro in Türkische Lira umtauschen. Ich entschied mich schließlich für das erste Exchange-Office. Selbst wenn es woanders günstigere Kurse gab, würde die Kurs-Differenz bei 50 Euro keine große Rolle spielen. Und ich würde jetzt im Urlaub nicht den Geizhals heraushängen lassen. Das erschien mir als eine richtige, zumindest aber rationale Entscheidung. Ich war kein Trottel. Zumindest noch nicht.

Das änderte sich beim Betreten der Wechselstube. Es gibt eine davorliegende einzelne Stufe. Die nahm ich noch mit links. Der rechte Fuß hing aber durch die Verspannung im Rücken zu tief. Ich stolperte also wie manche 100 Meter-Läufer mit weit vorgebeugtem Oberkörper in die gute Wechselstube. Oder um es klarer zu sagen: Wie der letzte Trottel.

Die Frau hinter dem Schalter war um die 40 und etwas aus dem Leim gegangen. Sie hatte eine freundliche Ausstrahlung, die mir, dem Trottel gegenüber, eine leicht gutmütige Färbung annahm.      

„You may exchange?“ Der Trottel hielt seinen 50-Euro-Schein hoch.

Sie lächelte gutmütig. „Sure.“ Dann holte sie einen soliden Taschenrechner aus den guten alten 80er hervor und begann irgendwas hinein zu tippen. Vermutlich 50 mal den Wechselkurs.

Apropos. Wie stand der Wechselkurs eigentlich? Der Trottel sah sich um. Schräg hinter ihr befand sich die Tafel mit den Devisen. Der Euro stand bei 3,8. Wie sich später herausstellen sollte, boten alle Wechselstuben in Kemer kollektiv den gleichen Kurs an. Das lag nur einen Schnaps schlechter als der offizielle Kurs der Neuen Türkischen Lira. Zum damaligen Zeitpunkt lag er bei 3,85.

Also nahm sie dem Trottel den 50 Euro-Schein aus der Hand. Und hinein steckte sie ihm einen Fächer aus türkischen Scheinen. Ich beäugte ihn genauer. Es handelte sich um 3 Fünfziger und zwei Zehner. Demnach standen die drei Fünfziger für 3,.

Und die beiden Zehner für das 0,8-fache von 50 Euro? 

Der Trottel wartete, ob noch was kommen würde. Allerdings war sie inzwischen ebenfalls in den stand-by-Modus gegangen.

Als sich eine Weile lang nichts getan hatte, drehte ich meine Handinnenseite ihr zu. Sie hatte nun eine Prachtaussicht auf 170 Türkische Lira. Überraschend schnell reagierte sie. Sie nahm die beiden Zehner aus meiner Hand. Anschließend nahm sie zwei Zwanziger aus der Kasse. Dann deutete sie mit dem Zeigefinger abwechselnd schnell zwischen den Zehnern und Zwanzigern hin und her. Gleichzeitig machte sie ein entschuldigendes Gesicht. „Hier, Trottel, schau es dir an. Sie sind so ähnlich, dass selbst ich sie manchmal verwechsle.“ sollte das wohl bedeuten. Nun, ich fand nicht, dass sie sich sonderlich ähnlich sahen. Wie auch immer. Der Trottel nahm die 190 Türkische Lira, lächelte gutmütig und ging.

Draußen strebte ich zur Uferpromenade. Während ich in die Dämmerung und die dunkler werdenden Wellen sah, fragte ich mich lange, was da gerade passiert war.      

Nun, ja. Eigentlich das, was immer bei einer Transaktion passieren kann. Eine Person kennt den Wert des Objekts. Gleichzeitig glaubt sie, die andere Person (der Trottel) kennt ihn nicht. Das ist nichts Schlimmes. Spätestens aber bei einem Auto- beziehungsweise noch extremer, einem Hauskauf sollte man den Wert des Objekts kennen.

Oder man zahlt die Trottel-Steuer.  

 

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markus

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markus