Aktualisiert: 3. Dezember 2022
Das aktuelle Spiegel-Cover zeigt eine junge Chinesin mit aufgerissenem Mund. Sie hält ein leeres Blatt Papier demonstrativ in die Höhe. Ein eindeutiges Zeichen des Protests gegen die rigide COVID-Strategie der chinesischen Regierung. Hier positioniert sich der Spiegel klar aufseiten der Demonstranten. Das Virus der Freiheit lautet der Titel.
Deutlich schlechter bewertete die Spiegel Redaktion jedoch die deutschen Proteste gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Einschränkungen. Sie seien rechts, vielleicht sogar radikal rechts.
Das sieht für mich eindeutig nach zweierlei Maß aus. Oder was meint ihr dazu?
So also wird China auf dem aktuellen SPIEGEL Cover dargestellt. Wie aber präsentierte DER SPIEGEL das Reich der Mitte in früheren Ausgaben seit 1970?
Diesmal fiel mir die Einteilung der Cover in einzelne Bildergalerien schwer. DER SPIEGEL hat bei keinem anderen Hauptthema bisher so konsequent mindestens 2 Unterthemen immer in ein Titelbild zusammengepresst. Bekannte Titelbilder, die ihr in einer bestimmten Galerie erwartet habt, können also in einer ganz anderen stecken.
DER SPIEGEL stellt den chinesischen Drachen Long wenig vorteilhaft dar. Kraftstrotzend, gierig und hemmungslos waren die ersten Adjektive, die mir einfielen. Wie seht Ihr das?
Auch interessant in dem Zusammenhang: So präsentierte das Focus-Magazin den chinesischen Drachen auf dem Titelbild.
Und für alle, die jetzt von Macht auf dem SPIEGEL Cover noch nicht genug haben. Hier gibt es einen ganzen Beitrag nur über das Thema.
Die Größe und schiere Kraft der chinesischen Wirtschaft lässt sich schon auf den Titelbildern gut erkennen. Was im Dunkeln bleibt, ist, wer den hohen Preis dafür zahlen muss… Die Arbeitsbedingungen müssen fürchterlich sein. Hier ein Bericht über Foxconn. Schlappe 1,2 Millionen Menschen arbeiten für das Unternehmen. Und leiden.
Freuen können sich darüber die Besitzer von iPhones. Foxconn produziert für Apple. Gäbe das Unternehmen mehr Geld für seine Mitarbeiter aus, müssten IPhone-Besitzer tiefer in ihre Taschen greifen.
Erstaunlich. Wir haben hier mit insgesamt 10 Bildern die mit Abstand größte Galerie. Dabei berichtet DER SPIEGEL auf seinen Titelbildern nicht mal vom größten Druck im Kessel. Der Kulturrevolution.
Mao saß Mitte der 60er Jahre nicht mehr fest im Sattel. Dem Land ging es wirtschaftlich schlecht. Immer noch nicht hatten die Chinesen sich vom Großen Sprung nach vorne erholt. Parteiinterne Rivalen entstanden.
Zum Glück (für sich) fand Mao eine Lösung, die Zügel wieder fest anzuziehen. Er forderte das Volk auf, die Partei offen zu kritisieren. Das taten sie dann auch. Dummerweise wurde dabei aus etwas, was ein kontrolliertes Lagerfeuer hätte sein sollen ein Flammeninferno. Die Kulturrevolution bekam China bis zu seinem Tod nicht mehr in den Griff.
In die schrägen Schriftbänder kamen noch:
28/1989: SPIEGEL Gespräch mit Chinas Studentenführer WuEr Kaixi (der so schlau gewesen war, sich rechtzeitig ins Exil abzusetzen)
13/2008: Oympia am Abgrund -Chinas blutige Abrechnung mit den Tibetern
Vielleicht sehen Chinesen das anders. Aber im Westen gilt Mao Zedong als die große Verkörperung für China. Kein Wunder. Er gründete die Volksrepublik 1949. Und er führte sie bis zu seinem Tod 1976. Außerdem hatte er eine wirklich sehr, sehr blumige Sprache.
Mein Lieblingszitat von Mao lautet übrigens:
Das Dogma ist weniger wert als ein Kuhfladen
In seiner langen Laufbahn hat Mao jedoch eine ganze Menge mehr guter Sprüche vom Stapel gelassen.
Unumstritten ist Mao aber auch im Reich der Mitte nicht. Wir hatten Schröder und dessen Kampagne Agenda 2010. Fit für die Zukunft sollte uns das Programm machen. Und wir litten ein wenig darunter. Die Chinesen hatten den Großen Sprung nach vorn. Und ca. 30 Millionen von ihnen blieben beim Großen Sprung verhungert auf der Strecke.
Hier geht es fast nur um Wirtschafts-Fragen. Auch in den dreiteiligen Titelleisten von
23/2016: Chinas Jagd auf deutsche Hightech-Firmen.
21/2018: Die neue Supermacht – Chinas griff nach der deutschen Wirtschaft
Die Wurzeln des miserablen Verhältnisses zwischen Russland und China liegen lange, lange zurück.
Ende des 19. Jahrhunderts schwächte der Boxeraufstand China massiv. Die Russen hielten das prompt für eine gute Idee sich die Mandschurei unter den Nagel zu reißen.
Das führte zu vielen blutigen Scherereien. Und war, im Nachhinein betrachtet, eine schlechte Idee.
Knapp 50 Jahre später wiederholte sich das Spiel. Die Chinesen befanden sich mal wieder in einem Bürgerkrieg. Diesmal zwischen den Nationalisten und den Kommunisten unter Mao Zedong. Der Kommunist Stalin überlegte, wer wohl gewinnen würde. Nach einer Weile glaubte er, es würden die Nationalisten sein. Und unterstützte sie also gegen die Kommunisten. Diese zweite schlechte Idee vergiftete das Verhältnis zwischen den beiden Staaten auf Jahrzehnte.
1978 fühlte sich Moskau (so glaubte es zumindest DER SPIEGEL) von den Chinesen eingekreist. Aber ein halbes Jahr später griff China dann…
Vietnam an. Und zwar in einem „Selbstverteidigungs- und Gegenangriffskampf an der chinesisch-vietnamesischen Grenze“ So die Übersetzung vom chinesischen ins Deutsche. Ich übersetze das noch mal schnell in Klartext: Offensivschlag. Er entwickelte sich allerdings als Schlag ins Wasser. China beanspruchte wie Vietnam den Sieg für sich. Zog sich aber nach einer Weile wieder kleinlaut aus den besetzten Gebieten zurück.
In zwei Teilen kommt diese Bildergalerie daher. Der erste größere Teil umfasst die Jahre 1972-79. China und die USA näherten sich vorsichtig an. Forrest Gump sei Dank.
Dann schwieg DER SPIEGEL auf seinem Cover für ein Vierteljahrhundert zu dem Thema. Als er es 2005 wieder aufgriff, wurde es martialisch. Der chinesische Drache und der amerikanische Adler kämpfen um die Welt von morgen.
Nicht viel besser sah es in diesem Titelband aus.
13/2014: NSA gegen China – Wettlauf der Spione
DER SPIEGEL hat sich seit Ausbruch des Corona-Virus auf einer Menge Titelbilder mit dem Thema beschäftigt. Allerdings ist er bisher nur dreimal auf dessen Ursprung eingegangen:
Und hier geht es zur Hauptseite:
Themenübersicht Spiegel Titelbilder
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DER SPIEGEL ist eine der auflagenstärksten deutschen Wochenzeitschriften, und bei den Titelbildern legen sie sich richtig ins Zeug. Die SPIEGEL Cover schafften es sogar schon zu Ausstellungen in Museen. Für sämtliche Cover liegt das copyright bei DER SPIEGEL