Zu Jahresausklang mache ich immer einen langen Spaziergang.
Das Teil nenne ich den 4W-Gang. Es ist eine Art Bilanz. Was war und was wird.
Ich komme selten gut gelaunt wieder zurück.
Das liegt daran, dass ich mir beim 4W-Gang das Jahr zuvor zu viel vorgenommen hatte. Meine Vorsätze sind nichts außergewöhnliches. Die üblichen Verdächtigen halt. Fitness, mehr Zeit für Familie und Freunde. Spanisch lernen. Durch Trading an der bösen Börse meine Rendite verbessern. Den Leuten meine Meinung geigen kam im Gang von 2015 hinzu.
Die Bilanz der Vorsätze fiel wie immer gemischt aus.
Wisst ihr eigentlich, wie oft ich nahe dran war ein Aua-Rücken-Posting zu publizieren?
…Ungefähr ein Dutzend mal. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn ich meine Rückenübungen diszipliniert hätte durchziehen können.
Was sagt man dazu? Obwohl ich nur noch die Hälfte oder ein Drittel der Zeit mit Chart Analysen verbrachte, lief dieses Jahr wie geschnitten Brot. Das erinnert mich an eine alte Studie der Allianz Global Investors. Die hatten sich die Performance der einzelnen Depots angeschaut. Nachdem sie mit ihrem statistischen Blick fertig waren, hatten sie ein einfaches Ergebnis. Diejenigen Depots wiesen die beste Wertentwicklung auf, bei denen die Inhaber schlicht vergessen hatten, dass sie sie besaßen. Eine furchtbare Wahrheit. Da geht man nun schon proaktiv an seine Vermögensplanung ran, und es ist auch wieder falsch.
Spielt gerade.
„Hola, Paco! Qué tal?“
„Bien. Muy bien.“
Und viel weiter kam ich nicht.
„Seit wann hast du einen Bart?!“, fragte ein Freund eines abends an der Bar mit einem Bier in der Hand.
„Seit einem Vierteljahr ungefähr.“
Es hätte klappen müssen. Zumindest auf dem Papier. Ich schrieb morgens auf Din A 6 Karteikarten 1-Buchstaben-Abkürzungen, wie die freie Zeit des Tages verplant werden sollte. Das ging zwei bis drei Buchstaben lang gut. Dann erwischte ich mich mit einem Kaffee in der Hand aus dem Fenster starrend. Oder ich ließ mich von einer Spiele-App hypnotisieren, die mehr Zeit fraß, als sie sollte. Natürlich hilft Zeitmanagement Vorsätze zu realisieren. Aber nur für harte Hunde. Es ist auch in meinem Umfeld immer das gleiche. Ein Vollzeit-Job bindet viel Zeit und Energie. Ein Vorsatz lässt sich daneben verwirklichen. Aber das darf dann auch tatsächlich nur einer sein. Alles andere kommt sich sonst ins gegenseitig ins Gehege, und es wird eng und ungemütlich.
Mir fallen zu dem Thema gleich 3 Lebensweisheiten ein.
Eine Kollegin schickte mir vor 2 Tagen eine Nachricht. Sie endete mit bleib fit. Darauf schrieb ich, ich müsste erst fit werden. Naja, da hast du ja schon einen Vorsatz für 2017, antwortete sie.
Ich fürchte, sie hat recht.
Euch ein frohes neues Jahr!