In the long run

Die Zeit attackiert unseren persönlichen Schwachpunkt. Unentwegt.

An seinem persönlichen Schwachpunkt ist man praktisch wehrlos. Was aber passiert, wenn eine Fehlentwicklung genug Zeit hat sich zu entfalten?
Der Besitzer dieses Fast Food Gerichts hat natürlich auch einen persönlichen Schwachpunkt. Bildquelle Pixabay/ Fotograf skeeze

Napoleon kannte sich mit dem Thema Schwachpunkt aus.

Er meinte, man braucht nur zu erkennen, wo der Schwachpunkt in einer gegnerischen Armee liegt. Hat man das erst einmal geschafft, ist alles andere ein Klacks. Man muss sie nur unentwegt an diesem Schwachpunkt attackieren. Irgendwann bricht sie auseinander. Und der Rest ist ein Kinderspiel.

Es liegt etwa 3 Wochen zurück. Da sollte ich einen Kollegen, nennen wir ihn Schmitt, für dessen Mittagspause vertreten. An seinem Arbeitsplatz fand ich ihn nicht. Ich stöberte also umliegende Bereiche ab.

In einem Bereich, auf den das alte Sprichwort im Dunkeln lässt sich gut munkeln zutrifft, sah ich seine massige Gestalt. Schmitt war vor einem Vierteljahrhundert ein Kraftpaket gewesen. Inzwischen hatte er etwas presswurstartiges. Er saß, mir den Rücken zugewandt, und konzentrierte sich auf etwas vor sich.

„Du hast Pause.“ informierte ich ihn.

Er drehte langsam den Kopf. Auch seine Beweglichkeit hatte in den letzten 25 Jahren gelitten.

Die Kopfbewegung gab den Blick frei auf das, worauf er sich fokussiert hatte. Es handelte sich um einen aufgeklappten Styropor-Behälter aus der Kantine. Heimlich hatte er also schon Pause gemacht. Darin befand sich Fast Food vom Feinsten. Pommes, Rindswurst, ein Berg Mayonnaise. Haufenweise Fett also, und in homöopathischer Dosis ein paar Kohlenhydrate.

Er nickte in Zeitlupe. Anschließend wandte er sich erneut dem Styroporbehälter zu. Messer und Gabel hatte Schmitt keine. Er aß mit bloßen Händen. Sie glänzten vom Fett. An mehren Stellen des Handrückens klebte Mayonnaise. Es dauerte nicht lang, bis er in einen meditativen Flow verfiel.

Ursache und Wirkung lassen sich kaum übersehen. Für die meisten von uns, deren persönlicher Schwachpunkt an anderer Stelle liegt, wäre es ein leichtes gewesen, die Wirkungskette zu durchbrechen. Schmitt sein Schwachpunkt befindet sich aber nun einmal da. Und es geht ihm wie fast Jedem von uns.

An unserem persönlichen Schwachpunkt sind wir praktisch wehrlos.

4 Wochen später

Auf den Weg in den Feierabend kam mir eine Kollegin entgegen. Sie wirkte erschüttert. „Hast du das mit Schmittie gehört?“

„Nein. Was ist mit ihm?“

„Er liegt im Krankenhaus. Er hatte einen Herzinfarkt.“

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markus

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