Finanzen

Portugal: Fenstersteuer Reloaded

Steuern haben für den Staat zwei Funktionen.

Die erste ist ein bisschen kompliziert: Den Steuerzahler zu einem nachhaltigem Verhalten anzuregen. (Paternalismus lautet das Angeber-Wort dafür) Tabaksteuer und die Steuer auf Alkopop-Getränke gehören in diese Gruppe. Durch sanftem Druck soll der Verbraucher von etwas weg oder zu etwas hin bewegt werden. Wer sanft lieber in Liebesromanen liest, kann in Gedanken sanft auch durch finanziell ersetzen.

Die zweite Funktion ist kein bisschen kompliziert. Her mit dem Zaster.

Ein idyllischer Sonnenuntergang an der Algarve. Hoffentlich beeilt sie sich. Zuviel Sonne schadet nicht nur der Haut! Bildquelle: Pixabay. Fotograf: AC_W

Die Fenstersteuer gehörte eindeutig zur zweiten Kategorie.

Welche Staaten mochten denn die Fenstersteuer?

Diverse Staaten hatten diese Steuer schon in ihrem Repertoire. Frankreich, Deutschland und die Niederlande beispielsweise. Am längsten konnten sich die englischen Schatzminister für die Fenstersteuer begeistern. Sie führten die Fenstersteuer kurz vor 1700 ein. Und erst anderthalb Jahrhunderte später ließen sie von der Geldquelle ab.

Zwei liebestolle Schlangen

Es war nämlich etwas blödes passiert. So schön die beiden Funktionen getrennt für den Fiskus auch sind, sie haben eine unangenehme Tendenz. Der Staat kann machen, was er will. Sie umwickeln sich immer wieder wie zwei liebestolle Schlangen. Im Fall der Fenstersteuer sollten eigentlich nur Einnahmen generiert werden. Und fertig. Die Bürger bemerkten allerdings einen sanften Druck. Sie reagierten. Neubauten bekamen kleinere Fenster und natürlich weniger Fenster. Mit zunehmender Fenstersteuer wurden schließlich die Fenster auch in Altbauten zugemauert. Am Ende saß der Schatzminister mit kaum Einnahmen da. Und die Bürger saßen in dunklen Buden.

Und das war es dann mit der Fenstersteuer?

Na, ja. Die fiskalische Denkpause dauerte etwa ein Jahrhundert.

Panoramablick auf die Algarve bei mondloser Nacht. Dieses Bild wurde bei heruntergelassenem Rollladen gemalt. Hier muss keine Fenster-Steuer betahlt werden.

Dann schlichen sich die Portugiesen auf leisen Sohlen erneut an die Fenstersteuer heran. Der Druck der Fenstersteuer war zunächst sehr sanft. In die Berechnung der portugiesischen Immobilien-Steuer hatte jemand einen neuen Faktor eingeschmuggelt. Keine große Sache. Statt Vc•A•Ca•C1•Cv lautete die Formel  jetzt Vc•A•Ca•C1•Cq•Cv. Der Unterschied fällt kaum auf. Mitten zu ein paar kryptischen 2 Buchstaben-Kombinationen hatte sich halt eine weitere gesellt. Cq.

Cq hatte nur einen kleinen Einfluß auf das Ergebnis. Maximal 5%. Diese Prozente stehen für die Wohn-Qualität. Licht zum Beispiel ist ein wichtiger Faktor für die Wohnqualität. Alle lieben helle Wohnungen.

Fenstersteuer 2.0

Wir könnten jetzt bei der alten Fenstersteuer sein. Unterhalb der Schmerzgrenze zucken die Portugiesen die Schulter. Darüber beginnen sie Blindfenster zu gestalten. Oder eben von Miniaturfenstern zu schwärmen. Tatsächlich hat das Finanzamt die jahrhundertlange Denkpause gut genutzt. Dieser Weg ist verschlossen. Die Fenstersteuer 2.0 besteuert die Möglichkeit der Sonneneinstrahlung. Nicht die Sonneneinstrahlung selbst. Sie besteuert nur die Lage. Eine Eigentumswohnung in der Algarve mit südlicher Ausrichtung hat eine hohe Wohnqualität. Daraus folgt eine hohe Besteuerung.

Wie hoch soll es denn sein, bitte schön?

Wie hoch, entscheidet das Finanzamt. Und hier wird es junckermäßig. Der hatte mal gesagt:

Wir beschließen etwas und warten ab, was passiert. Gibt es kein großes Geschrei, dann machen wir weiter. Schritt für Schritt. Bis es kein zurück mehr gibt.

Das Motto hatte sich der portugiesische Finanzminister zu Herzen genommen.

Im August erhöhte Portugal die Gewichtung des Cq von 5 auf 20  Prozent.

Da gab es dann Geschrei.

Es gab aber auch kein zurück mehr.

markus

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markus