Aktualisiert: 29.12.2022
Es kommt nicht oft vor, dass ich ins Kino gehe und eine wirklich neue großartige Idee sehe. Aber 1993 war es wieder soweit. Ich tat mir Und täglich grüßt das Murmeltier an. So einen Handlungsverlauf hatte ich noch nicht gesehen. Ein frustrierter Wettermoderator gerät in eine Zeitschleife… …und muss einen frustrierenden Tag immer wieder durchleben. Und so unbefriedigend das für den Wettermann war, so ergreifend war es für mich. Den halben Film lang hatte ich eine Gänsehaut. Es ging anscheinend vielen Leuten so. Nach dem Murmeltiertag entstand eine ellenlange Liste ähnlicher Filme, die allesamt die Zeitschleife banden. Heute aber befassen wir uns mit wirklich frühen Zeitschleifen und zwar mit…
Die Zeitschleife ist filmtechnisch eine ziemliche neue Erfindung. Man könnte meinen, sie tauchte zum ersten Mal in…
auf. Ein zynischer Wetteransager muss sich von ein paar Hinterwäldlern und ihrem Murmeltier zeigen lassen, wie Wettervorhersagen Spaß machen. Das macht ihm keinen Spaß. Kurz darauf hat er auch noch kalte Luft auf dem Kopf und kann bei Andie MacDowell nicht landen.
Kein guter Tag für eine Zeitschleife.
Eigentlich hätte Tom Hanks den Zyniker spielen sollen. Harold Ramis, der Regisseur, wollte aber lieber Bill Murray. Dass heißt, er wollte ihn, bis er ihn tatsächlich am Set hatte. Dann hätte er liebend gerne seine eigene kleine Zeitschleife gehabt, um den Fehler rückgängig zu machen. Ständig lagen Murray und er über Kreuz. Bill wollte dem Film eine tiefsinnige Note verleihen. Harold, der Handwerker, wollte nur eine Komödie abliefern. Der Streit gipfelte schließlich in der Schlussszene. Murray und Ramis verfingen sich in ihrem eigenen kleinen Murmeltiertag. Sie drehten das Ende 25 mal.
Und danach trafen sie sich nie wieder.
1993 hatte die Mutter aller Zeitschleifen Premiere. Es ist immer noch der bekannteste Film dieses Genres. Es ist allerdings nicht der erste Film mit Zeitschleife. Bei weitem nicht…
Nein! Wie viel Pech kann man nur haben?! 12:01 kam im gleichen Jahr wie Und täglich grüßt das Murmeltier heraus. Kennt heute aber kaum noch ein Schwein. Das liegt auch daran, dass die Drehbuchautoren eine sinnlose Erklärung parat hatten:
Das High-Tech-Experiment eines verrückten Wissenschaftlers ging schief. Der Held muss den Tag wiederholen, bis die Welt wieder ihren normalen Schwung hat, und er Helen Slaters Herz gewinnt.
Ach, herrje. Die Nummer kam ganze 3 Jahre vor dem Murmeltiertag heraus. Sie war sogar Oscar nominiert. Zur Mutter aller Zeitschleifen hat es trotzdem nicht gereicht.
Ein dröger Typ in mittleren Jahren mit kargem Haupthaar muss andauernd eine langweilige Mittagspause durchleiden. Immerhin. Damals drückte man noch aufs Tempo. Die Zeitschleife lag bei einer Stunde. Da sieht man mal, wie die Zeit vergeht.
Dauert eure Mittagspause heute auch noch eine Stunde?
Jeff erleidet einen Herzinfarkt und stirbt. Das ist nicht so gut. Dafür darf er 25 Jahre früher mit süßen 18 Jahren in seiner Studentenbude wieder aufwachen. Ein Vierteljahrhundert hat er Zeit ein anderes Leben zu führen. Dann bekommt er erneut einen Herzinfarkt, stirbt. Und wacht wieder in seiner Studentenbude auf. Von da ab geht es ans Optimieren:
Mit Replay schrieb Ken Grimwood ein wahres Meisterwerk. Er bekam dafür den World Fantasy Award. Auch ich halte große Stücke auf den Roman. In späteren Folgen der Zeitschleifen-Reihe werde ich noch ein paar mal auf dieses Werk verweisen. Aber weder die World Fantasy Convention noch ich sind die einzigen Fans dieses Buchs:
Harold Ramis, der Regisseur von Und täglich grüßt das Murmeltier kam erst durch Replay auf den Gedanken den Murmeltiertag in Zeitschleife laufen zu lassen. Und?! Nahm Ken Grimwood ihm das übel? Warf er Harold den Diebstahl geistigen Eigentums vor? Neeiiin. Der warf noch nicht.
Mist, man! Wir sind in einer Textschleife gelandet und kommen nicht mehr raus!
Bereits 1973 schrieb ein Kerl namens Lupoff die obige Kurzgeschichte. Also die mit der Mittagspause. Zwanzig Jahre lang interessierte das niemanden.
Dann kam der Murmeltiertag heraus.
Lupoff reagierte verärgert. Sein geistiges Eigentum war gestohlen worden! Dafür wollte er als Ausgleich reichlich Dollars sehen. Und für den emotionalen Schaden, den dieses traumatische Ereignis verursachte, wollte er nochmal Dollars sehen. Er verklagte natürlich nicht die Produzenten von 12:01. Ein paar hartgesottene Helen Slater-Fans hatten sich die Nummer angetan. Sonst aber niemand. Da gab es einfach zu wenig Dollars zu holen. Er verklagte die Macher von Und täglich grüßt das Murmeltier. Die hatten ja wohl genug Kohle gescheffelt. Allerdings gaben die es ihm nicht. Sie steckten es stattdessen in ihre Verteidigung. Eine Menge gerissener Anwalte der Produktionsfirma erklärten nun den naiveren Kollegen, die Lupoff vertraten, warum ihre Zeitschleife geistig total eigenständig sei. Lupoff tat sich den juristischen Ringkampf ein halbes Jahr an. Er musste sich selbstverständlich auch die Anwaltskosten antun. Schließlich warf er das Handtuch. Statt mehr Dollars hatte er jetzt weniger. Und emotional ging es ihm auch schlechter.
So. Damit müssten wir aber wirklich bei der Mutter aller Zeitschleifen gelandet sein! Oder etwa nicht? Kennt ihr noch weitere Filme mit Zeitschleife? Ja?! Schreibt sie mir!
Und hier sind die übrigen Zeitschleifen katalogisiert:
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Hallo Markus,
zufällig bin ich mal wieder in dieses Blog ,,gestolpert". Schön, einiges noch so vorzufinden, wie man sich erinnert, aber auch die neue Gestaltung, das Design usw. ist ansprechend. Einen Film, den ich hier nicht entdeckt oder womöglich übersehen habe und den ich empfehle, ist ,,Looper" mit Bruce Willis. Hier geht es auch um die Möglichkeit, in der Zeit zu reisen und wie das jüngere ,,Ich" das Leben und die Erinnerung seines älteren ,,Ichs" beeinflussen kann. Einige wenige unschöne Gewaltszenen dabei, aber insgesamt spannend.
Gruß
Michel
Hallo Michel, schön wieder von Dir zu lesen! Ich hatte Looper nur ein einziges mal gesehen und war der Meinung, trotz der titelgebenden Zeitschleife sei es kein klassischer Loop. Du bist allerdings bereits der zweite, der auf ein Fehlen des Films in der Übersicht aufmerksam gemacht hat. Ich werde ihn mir also noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Looper ist keine Zeitschleife, sondern Zeitreise. :-)
Zeitschleifen oder Zeitreisen sind sicherlich eine der interessantesten Phantasien des menschlichen Geistes, weil der Mensch in Kenntnis der Zukunft die Möglichkeit hat, diese zu verändern.
Die Murmeltierzeitschleife könnte man aber im übertragenem Sinne auch als eine Psychotherapie betrachten, insoweit, dass sozialverträgliches und positives Verhalten, also Verhaltens- und Einstellungsveränderungen, eine Reifung der Persönlichkeit widerspiegeln und so zu einem Fortschritt der Handlung führen bis hin zum glücklichen Ende der Zeitschleife und Abschluss der Therapie. Als realen Zeitraum kann man mehrere Jahre annehmen, wenn man bedenkt, wielange man von einem Klavierspielanfänger bis zum Ķonzertauftritt als Pianist und Musiker auf quasi professionellem Niveau benötigt, dies schön als Zeitmesser im Film eingebunden.
Wirklich ein toller Film.
Hallo Michel, danke für deinen Kommentar. Er erinnert mich an eigene kleine Zeitschleife. Ich musste als Kind, und zwar als unmusikalisches, in den Klavierunterricht. Leider entwickelte sich da aber gar nichts, außer meiner Leidensfähigkeit. Gibt es auch Klaviere für Grobmotoriker?