Finanzen

Niemand hat die Absicht Griechenland Geld zu schenken

Niemand hat die Absicht den Griechen Geld zu schenken.

Und so sähe es im Zeitablauf aus, wenn man den Griechen Geld schenken würde: 0 Prozent Zins und die Rückzahlung auf den Sankt Nimmerleinstag gelegt. Aber niemand hat die Absicht Griechenland was zu schenken, wie wir in den weiteren Diagrammen noch sehen werden!

So behauptete man es zumindest 2010. Griechenland taumelte da das erste Mal Richtung Staatsbankrott. (Zumindest tat es das das erste Mal in diesem Jahrtausend. Sie hatten davor bereits ein halbes Dutzend finanzieller Schiffbrüche hinter sich, aber das wird die Grundlage eines anderen Beitrages)

Wollte man nicht, dass der Euro in der Folge zerbricht, musste man irgendwas tun. Irgendwas erwies sich als ein naheliegender Gesetzesbruch. Europas Politiker ignorierten die No-bail-out-Klausel. Und schoben den Griechen jede Menge Geld über den Tisch.

Was ist jede Menge Geld?

73 Milliarden Euro.

Es handelte sich bei diesem Hilfspaket um eine einmalige Maßnahme. Eine Ausnahme, die wie Unionspolitiker gern erklärten „alternativlos“ sei. Sie erweckten in jenen Tagen sogar den Anschein, als gäbe man es in Wirklichkeit mittelbar mehr den solide wirtschaftenden Staaten als den Griechen selbst.

Und das schenkte man denen?

Nein! Natürlich nicht! Niemand hat die Absicht Griechenland Geld zu schenken. Beim ersten Hilfspaket handelte es sich um Garantien. Knallharte Kredite mit zackigen Zinsen, die garantiert mit der Fälligkeit zurückgezahlt werden würden. Dem stimmte der Bundestag zu.

Geht es auch genauer?

Na, klar doch.

Und so sah die erste Fassung des ersten Hilfspaketes im Zeitablauf aus. Zinsen von 3 bzw. 4 Prozent. Der lange Balken ganz rechts, der bei 10 Prozent gekappt ist, steht für die 100 prozentige Rückzahlung

Die Rohdaten, die zur Erstellung der Diagramme herangezogen wurden, stammen von der Seite

Wäre alles nach Wunsch gelaufen, hätten wir drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen:

  • Den Euro gerettet.
  • Die Griechen gerettet
  • und einen netten Zinsgewinn eingestrichen
Was kam dazwischen?

Das übliche. Die Wirklichkeit eben. Jedenfalls mussten, ähm, Anpassungen vorgenommen werden:

Und so sah die 2. Fassung im Zeitablauf aus. Zinsen von 2 bzw. 3 Prozent. Der lange Balken ganz rechts, der bei 10 Prozent gekappt ist, steht immer noch für die 100 prozentige Rückzahlung

Der Zinssatz musste gesenkt werden. Und auch die Fälligkeit wurde auf der Zeitachse weit nach rechts verschoben. Aber, hey, niemand hat die Absicht Griechenland Geld zu schenken.

Ungefähr zu dem Zeitpunkt der ersten Änderung arbeitete man bereits das zweite Hilfspaket aus.

Und so sah die 2. Fassung im Zeitablauf aus. Zinsen von 1,5 Prozent. Der lange Balken ganz rechts, der bei 10 Prozent gekappt ist, steht immer noch für die 100 prozentige Rückzahlung

Allerdings bedeutete auch die zweite Änderung des ersten Hilfspakets eine zu große finanzielle Belastung für Griechenland, die nicht gestemmt werden konnte. Kein Problem. Alles lässt sich modifizieren:

Und so sieht die 3. Fassung im Zeitablauf aus. Zinsen von 0,5 Prozent. Der lange Balken ganz rechts, der nicht mehr zu sehen ist, steht immer noch für die 100 prozentige Rückzahlung

Die 100 prozentige Rückzahlung, Niemand hat die Absicht den Griechen Geld zu schenken, taucht in diesem Diagramm nicht mehr auf. Es gibt sie allerdings noch. Die Kredite haben inzwischen eine Fälligkeit von 30 Jahren. Dementsprechend hat sich die 100 prozentige Rückzahlung in die 2040er Jahre verschoben. Und auch dem Hilfspaket stimmte der Bundestag natürlich zu.

Allerdings mehren sich inzwischen die Stimmen, die Schuldenerleichterungen für Griechenland fordern.

Niemand hat die Absicht den Griechen alles zu schenken.

Es mehren sich auch die Hilfspakete. Mittlerweile sind wir beim dritten angelangt. Die Bedingungen für das 2. Hilfspaket wurden in ähnlicher Form abgemildert.

Die Null-Linie sieht bei deinen Diagrammen ziemlich glatt aus.

Das sind die meisten Null-Linien.

Da war doch aber was mit Euribor, richtig?

Richtig. Die offizielle Vereinbarung lautet, die in den Diagrammen angegebenen Zinsen plus den Euribor.

Was war nochmal der Euribor?

Puh, Okay.

Banken leihen sich untereinander Anleihen und Geld aus. Und zwar richtig viel. Doch zu welchen Konditionen tun sie das? Wie lange dauert eine Leihgabe im Schnitt? Welchen durchschnittlichen Zinssatz verabreden die beiden Banken? Darüber soll der 1-Monats-Euribor, der 3 Monats-Euribor und so weiter Auskunft geben.

Das sind richtig wichtige Größen, nach denen sich jede Menge Wertpapiere richten.

Ermittelt man den durchschnittlichen Zinssatz nach dem arithmetischen oder dem geometrischen Mittel?

Äh.

Weder noch. Die EZB ruft Banken an, und fragt halt, was so Sache ist. Anschließend hofft sie, die Banken sagen die Wahrheit. Die Banken tun das auch manchmal. Manchmal nicht. Als nächstes wendet die EZB Statistiktricks an, verrührt das mit wirtschaftlichen Daten wie zum Beispiel der Inflationsrate, und schließt die nachdrückliche Bitte, der Euribor möge noch irgendwas mit der Wirklichkeit zu tun haben, in ihr Abendgebet ein.

Und hier wird der Euribor ausführlicher dargestellt.

Und warum hast du den Euribor einfach unter den Tisch fallen lassen?

Deshalb.

Der 3 Monats Euribor mäandert bereits seit 3 Jahren um die Nulllinie. Aktuell (Ende Juni 2017) liegt er bei minus 0,3 Prozent. Fällt er nochmal um 0,2 Prozentpunkte muss Griechenland überhaupt keine Zinsen mehr zahlen. Niemand hat die Absicht…   …aber das kennt ihr ja schon.

markus

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markus
Tags: EZB