Die Nachricht ging in dem ganzen Trubel um die Corona-Krise ein wenig unter. Aber die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich zuletzt auf eine Gebührenerhöhung des GEZ. 18,36 Euro soll der Rundfunkbeitrag ab 2021 nun betragen. Das ist eine Steigerung um weniger als einen Euro.
Man könnte meinen, das sei keine große Erhöhung. Und tatsächlich liegt der Fokus der meisten Berichterstattungen rund um das Thema Gebührenerhöhung auch auf einem sehr manipulativen Zeitrahmen…
Bei diesem Framing bleibt einem keine andere Wahl: Man muss zugeben, die Erhöhungen des GEZ sind harmlos und bleiben weit hinter der nominellen Inflationsrate zurück.
Was aber, wenn wir auf der Zeitachse ein ganzes Stück weiter zurückgehen? Ich lasse also heute im Rennen gegen die allgemeine Inflationsrate den Rundfunkbeitrag der ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice antreten.
Das Rennen startete 1970. Mal schauen, wer als Erster durch das Ziel läuft!
Manchmal finde ich von etwas eine weit in die Vergangenheit reichende Datenreihe. Dann vergleiche ich unter dem Stichwort Inflation die jeweilige Datenreihe mit der offiziellen Inflationsrate langfristig. Die Inflationsdaten stammen von dieser Seite.
Nun habe ich mir die Entwicklung des Rundfunkbeitrags angeschaut. Die Datenreihe startet mit meinem Geburtsjahr 1970. Damals betrug der Rundfunkbeitrag (bzw. sein Vorläufer, die Rundfunkgebühr) noch 8,50 DM. Beziehungsweise andersrum formuliert: Der Rundfunkbeitrag lag bei 4,35 Euro.
Klatscht man alle Inflationsraten seit 1970 aufeinander, ergibt sich die Gesamt-Inflation. (genaugenommen multipliziert man die einzelnen Inflationsraten miteinander.) Sie beträgt seit 1970 277%. Auf gut Deutsch: Der Preis einer durchschnittlichen Ware sollte sich seit 1970 knapp vervierfacht haben.
Wie hat sich der Rundfunkbeitrag seit 1970 nun entwickelt? Seht hier den Chart:
Das sieht nicht gut aus. Die blaue Linie steht für den Rundfunkbeitrag seit 1970. Da landen wir bei einem Anstieg von 322%. Die offizielle Gesamt-Inflationsrate erhöhte sich dagegen nur um 277%.
Wie so vieles andere auch, entwickelt sich der Rundfunkbeitrag aggressiver als die allgemeine Inflationsrate.
Im bisherigen Beitrag habe ich Äpfel mit Birnen verglichen. Oder, um es freundlicher zu formulieren: Ich warf Boskop und Granny Smith in einen Topf. Bis 2010 gab es Rundfunkgebühren. Vereinfacht gesagt; jeder der den Rundfunk benutzte, musste Rundfunkgebühren zahlen.
Dann kam Paul Kirchhof. In seinem Gutachten zur Finanzierung des Rundfunks machte er den Rundfunkanstalten quasi den Luther. Er schlug ihnen ein Thesenpapier an die Tür. Die zogen eine Schnute. Ja, sie hatten ihn dafür bezahlt. Aber, hey, das Ergebnis schmeckte ihnen in vielen Teilen überhaupt nicht.
Zum Glück kamen sie auf einen rettenden Einfall: Vorschläge in Kirchhofs Gutachten, die Geld brachten, wurden umgesetzt. (Das betrifft auch die Änderung von Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag. Vereinfacht gesagt; jeder der eine Wohnung hat, muss den Rundfunkbeitrag zahlen.) Vorschläge dagegen, die Geld kosteten, wurden nicht umgesetzt. (Kirchhof hatte allen Ernstes einen Werbeverzicht gefordert)
…wenn er mit Verlängerung schafft.
Ähnliches lässt sich auch über die Geldentwertung sagen.
Die durchschnittliche offizielle Inflationsrate liegt bei 2,7 % pro Jahr seit 1970.
Einen Tick höher liegt die Entwicklung für den Rundfunkbeitrag. Hier kommen wir pro Jahr auf eine durchschnittliche Erhöhung von 2,9 Prozent. Das macht winzige 0,2 Differenz pro Jahr. Das ist diesmal eine sehr kleine Differenz.
Allerdings läuft die Reihe auch bereits seit über 5 Jahrzehnten. Ach, wenn es bloß diesen blöden Zinseszins nicht gäbe. Wir kommen somit immer noch auf einen Unterschied von insgesamt 55%.
Wie so vieles andere auch, entwickeln sich die Rundfunkgebühren bzw. der Rundfunkbeitrag aggressiver als die allgemeine Inflationsrate.
Nein. Statistik-Tricks. Wir werden enteignet. Es geschieht nur so langsam, dass wir es nicht bemerken. Philipp Röslers Gleichnis vom Frosch im kaltem Wasser kommt hier wieder ins Spiel. Wenn man einen Frosch in kaltes Wasser werfe und die Temperatur langsam erhöhe, merke der das erst, wenn es zu spät sei.
Wenn ihnen der Rundfunkbeitrag zu hoch ist, sollen sie doch ins Kino gehen!
Und hier findet ihr unter dem Schlagwort Inflation noch mehr Langzeit-Rennen Inflationsrate vs. Herausforderer. Zum Beispiel…
Die Erhöhungen des Rundfunkbeitrags
Die Erhöhungen der Diäten der Bundestagsabgeordneten
Die Partei-Zuschüsse
Der Bundesetat
Die Kirchensteuer
Der Butterpreis
Die Kosten für das Trinkwasser
Der Bierpreis auf dem Oktoberfest
Der Focus
Die Bild
Die Kinokarte
Die Kosten für ein Flug-Ticket
Das Ticket für die Frankfurter Buchmesse
Der Mindestunterhalt der Düsseldorfer Tabelle
Der Target2-Saldo,
Die Geldmenge M3
Das Spendenaufkommen der Deutschen
Die Mieten
Der Standardbrief