Aktualisiert: 20. November.2023
Ungewohnt bescheiden präsentierten sich die Bundestagsabgeordneten im Mai 2020 noch den Menschen da draußen im Lande. Sie wollten jenes Jahr einstimmig auf ihre Erhöhung der Aufwandsentschädigung verzichten. Natürlich wegen den Auswirkungen der Coronakrise.
Nur wie sieht das in einer langfristigen Perspektive aus? Hielt sich der Bundestag da genauso anspruchslos zurück?
Schauen wir mal. Wie stiegen die Diäten der Bundestagsabgeordneten im Vergleich zu Inflationsrate seit 1975?
Manchmal finde ich von etwas eine weit in die Vergangenheit reichende Datenreihe. Dann vergleiche ich unter dem Stichwort Inflation die jeweilige Datenreihe mit der offiziellen Inflationsrate langfristig. Die Inflationsdaten stammen von dieser Seite.
Nun habe ich mir die Entwicklung der Aufwandsentschädigungen der Bundestagsabgeordneten angeschaut. Die Datenreihe startete 1975. Damals betrugen die Abgeordnetenentschädigungen der Bundestagsabgeordneten (so heißen die Diäten offiziell) noch umgerechnet 1966 Euro.
Klatscht man alle Inflationsraten seit 1975 aufeinander, ergibt sich die Gesamt-Inflation. (genaugenommen multipliziert man die einzelnen Inflationsraten miteinander.) Sie beträgt seit 1975 ziemlich genau 218 %(Anstieg).
Auf gut Deutsch: Der Preis einer durchschnittlichen Ware sollte sich seit 1975 gut verdreifacht haben.
Im Prinzip handelt es sich bei den Diäten der Bundestagsabgeordneten um einen normalen Lohn wie ihn normale Angestellte auch bekommen.
Einen klitzekleinen Unterschied gibt es allerdings schon. Der ganz normale Lohn von Gruppe A (Arbeitnehmer) muss mühsam zwischen Gruppe B (Gewerkschaft) und Gruppe C (Arbeitgeber) verhandelt werden. Seien wir mal ehrlich. Wir haben hier eine blöde unangenehm fremdbestimmte Prozedur.
Im Bundestag bestimmt Gruppe D (Die Bundestagsabgeordneten) wie der Lohn der Gruppe D (immer noch die Bundestagsabgeordneten) aussehen soll.
Ohne Fremdbestimmtheit lebt und verdient es sich einfach besser.
Hier nun die Auswirkung des Unterschieds:
Wie haben sich die Diäten der Bundestagsabgeordneten im Vergleich zur gesamten Inflation entwickelt? Nun, hier ist der Chart:
Das sieht nicht gut aus. Die blaue Linie steht für die Diäten der Bundestagsabgeordneten. Da landen wir bei einem Multiplikator von 539 %. Von den anfänglichen 1966 Euro losgehend, sind wir inzwischen bei 10.591 € angekommen. Die offizielle Gesamt-Inflationsrate kommt dagegen nur auf einen Multiplikator von 318 %.
Wie so vieles andere auch, entwickeln sich die Aufwandsentschädigungen der Bundestagsabgeordneten aggressiver als die allgemeine Inflationsrate.
…wenn er mit Verlängerung schafft.
Ähnliches lässt sich auch über die Geldentwertung sagen.
Die durchschnittliche offizielle Inflationsrate liegt bei 2,4 % pro Jahr seit 1975.
Einen Tick höher liegt die Entwicklung für die Diäten der Bundestagsabgeordneten. Hier kommen wir pro Jahr auf eine durchschnittliche Erhöhung von 3,6 %. Das macht gerade einmal 1,2 % Differenz pro Jahr. Keine allzu große Differenz sollte man meinen.
Allerdings läuft die Reihe auch bereits seit 48 Jahren. Ach, wenn es bloß diesen blöden Zinseszins nicht gäbe. Wir kommen somit immer noch auf einen Unterschied von knapp 220 %!
Nein. Statistik-Tricks. Wir werden enteignet. Es geschieht nur so langsam, dass wir es nicht bemerken. Philipp Röslers Gleichnis vom Frosch im kaltem Wasser kommt hier wieder ins Spiel. Wenn man einen Frosch in kaltes Wasser werfe und die Temperatur langsam erhöhe, merke der das erst, wenn es zu spät sei.
Wenn ihnen die Aufwandsentschädigungen zu hoch sind, sollen sie sich doch selbst zu Bundestagsabgeordneten wählen lassen!
Und hier findet ihr unter dem Schlagwort Inflation noch mehr Langzeit-Rennen Inflationsrate vs. Herausforderer. Zum Beispiel…
Die Erhöhungen des Rundfunkbeitrags
Die Erhöhungen der Diäten der Bundestagsabgeordneten
Die Partei-Zuschüsse
Der Bundesetat
Die Kirchensteuer
Das Aufkommen der Grunderwerbsteuer
Der Bußgeldkatalog
Der Butterpreis
Die Kosten für das Trinkwasser
Der Bierpreis auf dem Oktoberfest
Der Preis für einen Hamburger (McDonalds)
Die Kinokarte
Die Kosten für ein Flug-Ticket
Das Ticket für die Frankfurter Buchmesse
Der Mindestunterhalt der Düsseldorfer Tabelle
Der Focus
Die Bild
Das Wirtschaftsmagazin brand eins
Der Stern
Der Target2-Saldo,
Die Geldmenge M3
Der deutsche Beitrag zum EU-Haushalt
Das Spendenaufkommen der Deutschen
Die Mieten
Der Strompreis
Der Standardbrief
Der Mindestlohn
Was meint Ihr dazu? Das würde mich interessieren! Schreibt Eure Gedanken doch einfach in die ⇓Kommentar-Box unten ⇓ rein!
View Comments
Zur Bemessung der Diäten wird allerdings die Lohnentwicklung in D zugrunde gelegt, nicht die Inflation. Das heißt, die Löhne sind ebenso gestiegen. Und der steuerfreie Teil gilt auch nicht für die Diäten sondern nur für die Aufwandspauschale aus der die Mitarbeiter*innen und die Büros bezahlt werden (was zu belegen ist).
Hallo, Ina, Danke für Deinen Kommentar. Stimmt. Zur Bemessung der Diäten wird die Lohnentwicklung zugrunde gelegt. (Genauer: die eines einfachen Richters bei einem obersten Gerichtshof.)
Bei der Reihe Was steigt schneller vergleiche ich allerdings grundsätzlich die Inflationsrate in D mit allem möglichen, unabhängig davon, aus welchen Gründen/Ursachen sich die Preisentwicklung der Güter oder Dienstleistungen entwickelte.
Wie auch immer. Die Diäten werden vermutlich im Spätsommer dieses Jahres erneut erhöht. Dann werde ich den Beitrag ohnehin aktualisieren und Deine Anregungen einfließen lassen.
Sehr interessante Statistiken. Danke dafür...
Danke für das Lob. Die Erstellung des Beitrages machte auch einiges an Arbeit